Das StudioAAAA ist ein Büro für Konzeption, Content, Kommunikation und Copywriting.
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Social Media Communication
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Referenzen
Website >
Konzeption und Text für die Berlanto GmbH, ein Projektentwickler für Immobilien mit Sitz in Berlin.
Minikatalog >
Konzeption und Text für den Minikatalog zur Daimler Kunst Sammlung als ergänzende Informationsressource zu den Führungen durch die Sammlung.
Website >
Wording für die Unternehmensdarstellung der Dalati Bauconcept GmbH, einem Immobilienentwickler in Stuttgart und der Region.
Leitbild >
Wording für das Leitbild der Classik Hotel Collection zur Neuausrichtung der Boutique Hotel Gruppe mit ihrem Fokus auf klimaneutrale und ressourcenschonende Hotellerie.
Brand Retail >
Pitch für einen neuen Berliner Concept-Store, gemeinsam mit der Agentur Set By, für die temporäre Window-Communication.
Strategische Kommunikation >
Zwei-Tages-Workshop mit der Geschäftsführung von Designplus für die strategische Neuausrichtung der Agentur-PR.
Editorial >
Thema Essen, Hausmannskost, vier Szenen in vier Bildern.
Katalog >
Projektmanagement und Durchführung der Bildarchiv-Digitalisierung der Sammlung LBBW für drei Bände Kunst mit dem Titel Jetzt oder nie – 50 Jahre Sammlung LBBW.
Website >
Texte zur Selbstdarstellung und den Leistungen von Dr. Simone Günther und ihrem Coaching- und Consulting-Unternehmen EMC2.
Brand Communication >
Wordings für einzelne Kundenprojekte der Brand Retail Agentur Liganova für klassische Brand Retail Kampagnen und spezielle Kommunikationsformate. Kunden waren unter anderem Mercedes-Benz, Bonita, Tom Tailor, Reebok, Tommy Hilfiger, Nespresso und Hugo Boss.
Magazin >
Co-Herausgeberin des Vorn Magazins, Ausgabe #6 im Jahr 2010, Konzeption und Inhalte. Neben Kunst und Design erschienen in Ausgabe #6 Beiträge zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“, der Stadtentwicklung in China, zum Fake hinter Castingshows sowie zu den großen Plastikmüllstrudeln in den Weltmeeren.
Magazin >
Vorn Magazin, Ausgabe #4, Special Interest Thema: Claudia Schiffer. Beitrag zur Modelikone mit dem Titel +182 * 95/62/92 #58 – –
Magazin >
Textchefin des Tush Magazins.
Kontakt
STUDIOAAAA
CLAUDIA SEIDEL
INFO@AAAASTUDIO.COM
D–10557 BERLIN
Das StudioAAAA ist aus der Leidenschaft für spannendes Publizieren, präzise aufbereitete Inhalte und in sich stimmige Kommunikationsformate entstanden. Seit 2010 betreue ich meine Kundinnen und Kunden mit Kreativ- und Kommunikationsleistungen immer persönlich, strategisch und mit der gemeinsamen Freude am Erfolg. Die Honorierung der Leistungen orientiert sich am AGD Vergütungstarif Design und wird projektweise angeboten.
DIE FRAGE ZUR GEGENWART
Was ist Stil?
Stil war einer der Trendbegriffe des letzten Jahres und eine Menge „Stylishness“ wurde uns um die Ohren gepfeffert. So als wäre man, was den Interieurbereich angeht, wieder zurück im 19. Jahrhundert und in einem zweiten, unübersichtlichen Historismus gelandet, der den Stilpluralismus als Auszeichnung der allergrößten Stilsicherheit geradezu plakatiert. Regelmäßig wurde zu einem breiten Portfolio an Formen und Zeiten geraten. „Stil leben“ lautete unter anderem auch die Empfehlung, beispielsweise möglichst schlichte und möglichst hautfarbene Unterwäsche zu tragen. Aber genauso galt auch das Gegenteil als stilechtes Leben. Im Ergebnis war dann vieles ohne Punkt und Komma, hingegen gab es viel Imitieren und Sammeln, und sogar das Kunstwerk als Lampe (oder, genauso gängig, die Lampe als Kunstwerk) garantierte nicht mehr, das persönliche Stilempfinden als schlagenden Beweis einer gekonnten Stilisierung aufzuführen.
Stil hat es deswegen in sich, sich insgeheim von einem Trendbegriff zu einem Kampfbegriff des noch jungen Jahres aufzuschwingen. Old brand new: Stil wird, statt affirmativ vielmehr kritisch in Stellung gebracht und damit erneut zu einem Begriff zweiter Ordnung. So zumindest unser Spekulieren unter den gegebenen Zukunftsaussichten, dass die Finanzkrise – wart’s ab – zuschlägt, das Budget einschränkt und es deswegen darauf ankommt, nicht aus dem, „was“ man hat, sondern aus dem, „wie“ man hat, das wirklich Beste zu machen. Denn, so vage der Stilbegriff auch sein mag, man kann sich zumindest darauf einigen, dass es, wenn man von Stil redet, mehr um die Frage nach dem „wie“ und weniger um die Frage nach dem „was“ geht – wie es uns beispielsweise Alexander von Schönburg in seiner „Kunst des stilvollen Verarmens“ vom Standpunkt des prekären Adels aus mitgeteilt hat. Wenn also Statussymbole nicht mehr finanzierbar sind, bzw. nicht mehr als Statussymbole taugen, ist die Rettung und ein Anker, seinen eigenen Stil aus dem Vielen, was Stil so alles gewesen sein soll, herauszuschälen, um sich selbst wieder auf den Punkt zu bringen. Eine erste Übungseinheit auf dem Weg zum „Wie“ unternehmen wir mit einem Besuch in einer Buchhandlung. Vor schier endlosen Regalmetern, zwischen Psychologie und Kindererziehung, zwischen Boderline und Bernhard Bueb, enttarnen wir unzähliges an Ratgebern zu Stil und Style als den letzten Schrott. Warum wir uns, wenn es um Stil geht, auch mit Büchern beschäftigen, kommt dabei nicht von ungefähr, da die Stilfrage ursächlich auch im Zuge der Verschriftlichung von Sprache auftaucht – in der Überzeugung, dass ein guter sprachlicher Ausdruck auch ein Beleg von gutem Charakter und guter Moral sei: Imago animi sermo est. Stil bleibt bis zur Renaissance moralisch in der Auffassung, dass die geistig-seelische Verfassung mit der Verfasstheit einer Rede übereinzustimmen hat: Stil ist das Außen vom Innen.
Im Humanismus der Renaissance ist die Identität von Mensch und Sprache weiterhin zentraler Bestandteil des Menschenbilds, doch dieses ideale Bild eines Universalgelehrten fordert für die Rede in den nächsten Jahrzehnten verstärkt das Ideal der Eloquenz, der Beredsamkeit, ein. Das gute Argument braucht die Einkleidung in ein gutes sprachliches Ornat. Schriften über den damaligen Mann von Welt, dem „Cortegiano“ oder dem „Complete Gentlemen“ fassen zusammen, dass es bei allen Mitteln eine Arbeit an sich sei, „to get the habit of a good style in speaking and writing“, die zu einem vollkommeneren Menschsein, größerem Ansehen und einer höfisch eleganten Lebensart verhilft. Das geflügelte Wort zu dieser Zeit ist in aller Munde „Sprezzatura“. Es wäre jedoch alles andere als menschlich, würde die breit diskutierte Stilfrage nicht konfliktreich und höchst brisant werden. Sie nimmt im 17. Jahrhundert barocke Fahrt auf und das dicke Ende kommt: Sprache, Eloquenz, Habitus, Ansehen, das Große, das Ganze, das Gute des Stils wird nach dem Gipfelsturm eines Bildungsideals außerordentlich suspekt. Die bella figura des Stils gerät unter Verdacht, Stil sei ein Mittel der gekonnten Tarnung, des schönen Scheins und der hundsgemeinen Manipulation. Stil dient im hässlichsten Fall dazu, gut zu reden, um in böser Absicht zu handeln: Stil ist nicht das Außen vom Innen.
Um diese wundersame Beziehung von Innen und Außen, zwischen Form und Inhalt, über die Epochen hinweg zu begleiten, greift die Rhetorik, die sich als Ausdrucksschule um die Art einer Rede bemüht, zu diversen Metaphern, die uns als Vermittler des Außen, des Äußerlichen, des Aussehens natürlich über alle Maßen interessieren. Körper- wie auch Kleiderkunde tauchen in Wortspielereien auf, um mit den drei hauptamtlichen rhetorischen Stilhöhen (humile, medium und grande) sowohl auf der Sonnenseite des Stils zu promenieren als auch dessen Schattenseiten auszuleuchten – in etwa so: „For diff’rent styles with diff’rent subjects sort, as several garbs with country, town, and court“. Aus der Sentenz vom „style is the dress of thought“ identifizieren wir zudem die rhetorische Form der Stilhöhen in den textilen Stilniveaus der Mode: Casual, Prêt-à-porter und Haute Couture. Hingegen legen wir uns mit dem nüchternen Verlangen vom „style is the dress of truth“ mit dem tausendprozentigen Puristen unmittelbar an den FKK-Strand der Stilfrage und wenden uns der nackten Wahrheit zu. Uff, die ist bekanntlich kaum auszuhalten – obwohl sie doch auch immer wieder etwas Vorläufiges hat. Auch der Stil hat dieses Vorläufige, Veränderliche, Wandelbare, so dass beispielsweise ein weiterer ergreifender Versuch, Stil als Nationalstil zu definieren, als vorüberziehende Episode zu den Akten gelegt werden kann. Überlebt hat das ernsthafte nationalstilistische Bemühen allerdings in den unterschiedlichen Möglichkeiten im Habitus oder, zeitgenössisch, im „Look“ der Mode à l’africaine, à la française, à l’italienne etc. aufzutreten. Hm, sieht so aus, als wären wir wieder am Ausgangspunkt unserer Bemühungen angelangt. Hm, nein, nicht ganz. Unsere Beobachtungen entzündeten sich letztlich am unübersichtlichen Geschmack vom Stilmix, der Stilisierung ohne Stil und weiterer Stillügen, denn: Stil ist nicht gleich Geschmack.
Die spontane Äußerung vom Gefallen oder Missfallen an etwas ist ein ungefiltertes Gefühl und spielt dabei sozusagen nur soufflierend für die Ausprägung von Stil eine Rolle. Was uns nämlich an einer der vielen Ausführungen über Stil überzeugt hat, war die Vorstellung eines stimmigen Gesamteindrucks, den wir erhalten, wenn uns ein stimmiger Gesamtausdruck entgegentritt: „le son, la couleur, le dessein, le mouvement, le ton, la pensée: ces diverses manifestations des facultés de l’homme, le style les réunit toutes…“. Verkürzt kristallisiert sich das gelungene Zusammenspiel von Klang, Farbe, Absicht, Bewegung, Ton, Denken, diese höchst anspruchsvolle Manifestation des menschlichen Gestaltungswillens an sich, also im Stil, im immer noch großen Satz des Comte de Buffon: „Le style est l’homme même“: Der Stil, das ist der Mensch. So, jetzt, endlich. Da hätten wir es endlich auf den Punkt gebracht. Fintenreich, wie wir sind, liefern wir in der Sekunde genauso das Gegenteil: „L’homme c’est le style même“, der Mensch, das ist der Stil. Wie Ihr Selbstentwurf für 2009 unter den verschiedenen Stilanforderungen, die wir leider nur in einer Auswahl vorstellen konnten, aussehen wird – wie gesagt, machen Sie einfach das Beste daraus. Vergessen Sie nur eins nicht, unser Letztes zum Stil von Paul Valéry: „Der Stil, das ist der Teufel“.
Warum fährt man SUVs?
Der Cayenne blubberte aus seinen vier schlotigen Rohren Abgase in die Welt, die grauschwer zu Boden sanken und, so meine Angst, mich in den nächsten Sekunden vergiften würden. Ein plötzlicher Husten schüttelte mich. Als die Ampel auf Grün sprang, wechselte ich erleichtert die Spur. Kurz danach strahlte das Fernsehen den Film „The Oil Crash“ aus. Seitdem lassen mich die SUVs überhaupt nicht mehr los. Ich beobachte tagtäglich die Formen menschlicher Beweglichkeiten im Verkehr und kalkuliere den dazu verwendeten Energieverbrauch. Seit meinem Beinahe-Erstickungstod versuche ich Antworten auf die mentale Disposition von Fahrern und Fahrerinnen der Sport Utility Vehicles zu finden. Dieses Unterfangen fällt mir in der Stadt, in der ich aktuell wohne, überhaupt nicht schwer. Aufgrund der international bekannten Automarken, die von hier aus die Welt mobil machen, gilt die Stadt als die Stadt auf vier Rädern. Obwohl seit einigen Jahren die Kommunalverwaltung einige Anstrengungen unternimmt, diese Stadt auch für Fahrradfahrer angenehm zu gestalten, bleibt das Leben ohne Auto gefährlich genug. Schließlich lebt eine ganze Region von diesen automobilen Marken. Nun, und weil die Stadt auch eine spezielle Kessel-Topographie aufweist und das Cruisen durch das urbane Gelände in manchen Abschnitten hochalpine Gefühle weckt, wird man hier als Fahrradfahrer auch zum Leistungssportler. Mobilität hat hier ihre Tücken, was die hohe Automobilaffinität zudem begründet. Doch trotz aller Umstände will es mir nicht einleuchten, weshalb in dieser Stadt, aber gerade auch in allen anderen deutschen Städten in den letzten Jahren ein steigender Einsatz von SUVs zu beobachten ist. Warum? Unsere Straßen sind keine Schotterpisten und das Klima ist in unseren Breitengraden auch nicht sonderlich polar. Es kann einfach keine ausschließliche Angelegenheit landschaftlicher oder anderer Sachzwänge sein, die Mann und Frau gleich Klingonen ihre Fahrzeuge massiv durch die Stadt steuern lassen. Es muss, so vermute ich, an einer noch nicht näher erforschten Verkehrspsychologie liegen, dass Mobilität aktuell von einem Verdrängungskampf der Großen gegen den ganzen Verkehrsrest gekennzeichnet ist.
Nehmen wir deswegen einmal den Fall an, dass Klingonen tatsächlich mit ihren Raumschiffen nicht erst im 22. Jahrhundert unserer Zeitrechnung auftauchen, sondern bereits jetzt, verstehen wir die SUVs und ihre Lenker/innen vielleicht besser. Wir stellen uns SUV-Driver/innen deswegen einmal als Repräsentanten dieser kriegerischen Zivilisation vor, die mit ihren Kreuzern, Aufklärern, Tankern sowie Scout- und Angriffsschiffen der D5-Klasse auf unserem Planeten gelandet sind. Was zeichnet Klingonen aus, weswegen sie besonders große Fahrzeuge auf der Erde benutzen müssten? Klingonen sind äußerst kälteempfindlich und leiden häufig unter Allergien. Es ist ihnen auch verhasst, körperliche Gebrechen oder Krankheiten zuzugeben. Insofern bilden sie eine verschwiegene Gemeinschaft, die aufgrund ihrer Umgangsformen auch häufig als primitiv angesehen wird. Ihre Psyche ist weniger stabil, als man vom ersten Eindruck schließen kann: geraten sie beispielsweise in Gefangenschaft, zeigen sie sich wenig anpassungsfähig. Allgemein wird die Organisationsform der klingonischen Gesellschaft als Feudalsystem beschrieben, dessen Zusammenhalt durch die traditionellen Familien oder „die großen Häuser“ garantiert wird. Was die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau angeht, ist sie einerseits klassisch zu nennen, indem Männer das öffentliche Leben bestimmen, Frauen hingegen den Haushalt und die Familie beherrschen. Allerdings besitzt das Rollenverständnis auch eine höchst emanzipatorische Note, da von den Frauen erwartet wird, in ihrer körperlichen Kraft sowie in ihrer blutdürstigen Ruhmsucht mit den Männern gleichzuziehen. Ein besonderer Aspekt, den wir hier zuletzt nennen möchten, bezieht sich auf das Verhältnis der Klingonen zum Jenseits. Das klingonische Jenseits ist ein Nirwana ohne Götter, seitdem Urklingonen sämtliche ihrer Götter in der Erkenntnis, sie brächten ihnen mehr Ärger als Nutzen, vor einigen tausend Jahren erschlugen. Der Tod ist den Klingonen der allerletzte Feind.
Was ist aus dem Wissen über die klingonische Gemeinschaft für unsere Frage zur Gegenwart fruchtbar zu machen? Weil die SUV-Schiffe genauso häufig von Frauen wie von Männern gefahren werden, bildet sich hiermit sicherlich das emanzipatorische Moment eines geschlechterunabhängigen kämpferischen Willens bis aufs Blut ab, der für die Erhaltung der Art zweifellos notwendig ist. Die zarte junge Brut ist in einem SUV-Panzer ziemlich sicher. Aber gerade wenn man allein unterwegs ist – und meistens sitzt in einem SUV nur eine Person –, garantiert der hohe Radstand eine sehr gute Übersicht, um einen frontal angreifenden Gegenverkehr zu sichten, und auch das Kapern eines solchen Fahrzeugs aus dem Hinterhalt ist kein Kinderspiel. Wir haben es bei SUV-Usern in mehrfacher Hinsicht mit extremen Sicherheitsbedürfnissen zu tun, sie gehen im Grunde genommen von einem Kriegszustand aus, den offensichtlich nur noch nicht alle mitbekommen haben. Ja, ein SUV ist wieder einmal eine amerikanische Erscheinung, die genauso wie das Aerobic aus dem Militär in den Alltag übersprang. Der Urtypus des SUV ist der „Hummer“, welcher dem ‚grünen‘ Gouverneur Schwarzenegger immerhin noch einen letzten Rest an Terminator lässt. Inzwischen heißt es, Schwarzenegger, überhaupt der erste Käufer eines auf die zivile Nutzung getrimmten „Hummers“, habe seine „Hummer“-Flotte inzwischen auf vier Fahrzeuge dezimiert und eines dabei auf Hybridantrieb umrüsten lassen.
Amerika, das Land der Pioniere und Siedler, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, eine Nation mit großen Werten und zugleich in großer Angst, scheint in seiner Archaik auch hierzulande eine Schicht dort abzuholen, wo sie sich ernst genommen fühlt, weil sie mit der globalen Welt im tiefsten Inneren womöglich hadert. Denn diese Welt, die von einer immer größeren Differenzierung geprägt ist, in welcher Wohnen, Arbeiten, Bildung und Erholung räumlich voneinander getrennt sind, erfordert die Überwindung räumlicher Distanz. Der Mobilität fällt die Funktion zu, Menschen sozial zu re-integrieren, weil sie durch die Differenzierung sozialer Sphären entwurzelt wurden. Ein SUV ist, so unsere Bilanz, ein mobiles Ghetto, ein Gated-Car, das ein Gated-Community-Feeling in den Straßenverkehr hinein verlängert, um die zeitgenössische Situation auf das Bequemste nicht nur physisch, sondern auch psychisch zu verdrängen. Letztlich ist ein SUV ein Planwagen der Luxusklasse mit eingebauten Scheuklappen. Unsere These also lautet: Den bislang martialischsten Phänotypen eines Autos nimmt man, weil man zwar erobern, doch besser nicht wissen will, wofür oder gegen was es noch zu kämpfen gilt. Entschlossen unentschlossen scheint demnach der Charakter.
Was ist Erfolg?
Eine inzwischen gängige Definition von Erfolg lautet: Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen. Das war nicht immer so. Erfolg hatte ursprünglich einmal die einfache Bedeutung, den Verlauf eines Ereignisses zu schildern. Vermutlich lebt im deutschen Strafrecht deswegen immer noch der Begriff Erfolg im Sinne der Tatbestandsverwirklichung weiter. Was heute Erfolg genannt wird, nannte man früher gerne auch Glück oder, kriegerisch gewendet, Sieg. Erfolg, wie wir den Begriff heute verstehen, ist das Ergebnis einer unsere Gegenwart weiterhin dominierenden Entwicklung, nämlich jener der Industrialisierung. Das Ziel unternehmerischen Wirtschaftens, mittels planvollen Handelns Gewinn zu erreichen, heißt ab Ende des 19. Jahrhunderts dann vor allem Erfolg. Wachstum! Rendite! Und weiter getrieben wurde der Erfolgsbegriff nicht nur hinein in das messbare Ziel und die Maxime eines Unternehmens, sondern auch in die Sphäre des privaten Glücks. Heute ist es doch so: Glück ist ohne messbaren Erfolg kaum mehr gesellschaftsfähig. Oder, wie sehen Sie das? Wie performen Sie heute? Morgen? Übermorgen?
Nun gab es kürzlich wieder einmal Ergebnisse einer Umfrage unter Prominenten zu lesen. Diese Prominenten wurden gefragt, was denn für sie der größte Luxus sei. Die einhellige Antwort lautete: Zeit haben. Wenn man prominent ist, also gemäß der Wortgeschichte hervorragend, bedeutend, bekannt oder maßgebend, summa summarum alles gebräuchliche Synonyme für erfolgreich, hat man – wendet man die Antwort konsequent in ihr Gegenteil – wenig Zeit. Sonst würde man Zeit nicht einen Luxus nennen. Denn Luxusgüter sind bekanntlich knappe Güter. Sie sind nach den üblichen markttheoretischen Annahmen deswegen auch sehr teuer.
Die Gründe, warum nun ein Magazin prominente Menschen danach gefragt hat, was für sie ein Luxus ist, könnten folgender Art sein: weil prominente Worte zum einen Gewicht und Bedeutung haben können, und zum anderen die Befragten über genügend Kapital verfügen, um sich aus der weiten Welt des Luxus ihren persönlichen Lieblingsluxus zu leisten. (Man will ja auf jeden Fall irgendeine passable Antwort bekommen.) Zeit zu haben ist also für einige Menschen auf dieser Welt ein teuer erworbenes Gut. Zwischen Erfolg, Luxus, Kapital und Zeit existieren demnach mehr oder minder verborgene Zusammenhänge, die letztlich auch überlegen lassen, ob „Zeit haben“ entweder die Summe richtiger oder die Summe falscher Entscheidungen ist. Welche Maximen spielen hier wohl eine Rolle?
Bleiben wir noch kurz beim Thema Zeit. Dieses seltsam bewertete Gut der Zeit hat die Eigenschaft, im Unsichtbaren zu wirken. Wie sieht „Zeit haben“ oder „Zeit nicht haben“ denn prinzipiell aus? Oh ja, es gibt wirklich sehr teure, aufwändig gearbeitete Uhren, großartige Chronometer, wasserdicht, mit komplex-kompliziertem Innenleben, brillantengeschwängert, mit dekorativen Zifferblättern und optisch verbesserter Datumsanzeige. Wenn man sie trägt, zeigt man dann, dass man Zeit hat? Vermutlich eher nein. Vermutlich besitzt man das Chronometer vielmehr aus Schmuckgründen, kauft es als Wertanlage oder, was auch sein kann, aus Status- oder Kontrollgründen. Die Uhr funktioniert als Alleinstellungsmerkmal zum Zwecke gesellschaftlicher Distinktion oder in letzterem Fall als Signal, man habe alles im Griff, ist strukturiert, pünktlich und weiß, als Herrschender über die Zeit, was die Stunde geschlagen hat. Uhren haben demnach vielmehr mit „Zeit messen“ als mit „Zeit haben“ zu tun und sind demnach als Symbol wenig geeignet dazu, „Zeit haben“ möglichst treffend abzubilden.
In der Geschichte der Darstellung von Zeit gibt es hingegen ein sehr prägnantes Instrument, das „Zeit haben“ als Zeitverlauf schildert und das darüber hinaus mit einer Endgültigkeit versehen ist: Die Sanduhr, auch Stundenglas genannt, funktioniert ziemlich simpel. Je nach Größe zweier Glaskolben, die durch ein dünnes Röhrchen verbunden sind, rinnt ein spezielles Sandgemisch von oben nach unten durch und gibt je nach Menge des Sandes gebräuchlicherweise Zeitphasen von 1 Stunde, 30 oder 5 Minuten an. Insofern eignete sich das Stundenglas auch bestens als Symbol für das Memento mori, das Zeichen für die Endlichkeit des Lebens.
Waren Sie schon einmal in Siena? Dort, im Palazzo Pubblico, hat uns ein Maler aus dem frühen 14. Jahrhundert einen wunderbaren Freskenzyklus hinterlassen. Er handelt von der guten und der schlechten Regierung und den Effekten, die eine, im heutigen Sprachgebrauch, erfolgreiche oder defizitäre Regierung bewirkt. In der Darstellung der guten, erfolgreichen Regierung sitzen dem König einige Tugenden zur Seite, es sind die Gerechtigkeit, die Mäßigung sowie die Großherzigkeit. Die Mäßigung, auch Temperantia, ist in der Bildallegorie der guten Regierung mit einem ganz besonderen Attribut ausgestattet. Es ist die überhaupt erste in der Geschichte bekannte bildliche Darstellung einer Sanduhr, die die Mäßigung auszeichnet. Was ist aus dieser mittelalterlichen Geschichte am Ende für unsere Fragestellung zu gewinnen? Einfach gesagt, Erfolg hatte früher etwas mit dem rechten Augenmaß zu tun, dem Vermögen, langfristige Perspektiven für ein stabiles Gemeinwohl zu entwickeln. Stichwort: Ressourceneinsatz.
Ja, und da wären noch zwei Bücher zu nennen. Sie sind zeitlich gesehen gar nicht so weit voneinander entfernt entstanden. Das eine, schlicht mit „Erfolg“ betitelt, stammt aus der Feder des jüdischen Schriftstellers Lion Feuchtwanger, geschrieben im Deutschland der späten 1920er-Jahre. Das andere, Buch eines Amerikaners namens Napoleon Hill mit dem Titel „Think and grow rich“, erschien 1937 auf dem Markt. Während Hills Buch, bis heute mehr als 10 Millionen Mal allein in den USA verkauft, zu einer Bibel persönlicher Erfolgstheologie wurde, ist der Roman Feuchtwangers hingegen schwerer verdauliche Kost. Handelt es sich doch am Schauplatz der schönen Stadt München um die absichtliche Demontage eines angesehenen Mannes, der einem anderen angesehenen Manne nicht in den Kram passt. Eine durch die Macht politischer Würdenträger inszenierte Intrige vor Gericht bringt den Unliebsamen in die Strafanstalt, in welcher er, trotz viel Bemühens, unglücklicherweise kurz vor seiner Begnadigung verstirbt. Dumm gelaufen, könnte man meinen und abhaken. Allerdings besitzt die Geschichte noch eine ganz andere Brisanz. Geht es doch auch um die politische Gemengelage zu dieser Zeit, in welcher ein damals noch relativ unbekannter Rädelsführer namens Adolf Hitler das gemütliche München gehörig aufmischte.
Leider können wir Napoleon Hill weder zu Feuchtwangers Roman noch zu Hitler persönlich befragen, auch Hill ist verstorben, nach einem bemerkenswerten Lebenslauf an der Seite erfolgreicher Männer, wie seinem Mentor, dem Industriellen und Philanthropen Andrew Carnegie. Immerhin können wir mit einem Bonmot schließen. Es kommt aus dem Mund eines auch als erfolgreich geltenden Wirtschaftsführers Deutschlands, Alfred Herrhausen, welcher der Überzeugung war, die meiste Zeit ginge dadurch verloren, dass man nicht zu Ende denkt.
Über die Kolumne
Die Kolumne "Die Frage zur Gegenwart" habe ich als Textchefin für das Tush Magazin entwickelt und verfasst. Die hier nochmals publizierten Texte stammen aus dem Zeitraum von 2008 bis 2010. In loser Folge setzte ich hier die Kolumne zu brisanten und anderen Fragen zur Gegenwart mit größtem Vergnügen fort.
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DIE FRAGE ZUR GEGENWART
Über die Kolumne
Die Kolumne "Die Frage zur Gegenwart" habe ich als Textchefin für das Tush Magazin entwickelt und verfasst. Die hier nochmals publizierten Texte stammen aus dem Zeitraum von 2008 bis 2010. In loser Folge setzte ich hier die Kolumne zu brisanten und anderen Fragen zur Gegenwart mit größtem Vergnügen fort.
Was ist Stil?
Stil war einer der Trendbegriffe des letzten Jahres und eine Menge „Stylishness“ wurde uns um die Ohren gepfeffert. So als wäre man, was den Interieurbereich angeht, wieder zurück im 19. Jahrhundert und in einem zweiten, unübersichtlichen Historismus gelandet, der den Stilpluralismus als Auszeichnung der allergrößten Stilsicherheit geradezu plakatiert. Regelmäßig wurde zu einem breiten Portfolio an Formen und Zeiten geraten. „Stil leben“ lautete unter anderem auch die Empfehlung, beispielsweise möglichst schlichte und möglichst hautfarbene Unterwäsche zu tragen. Aber genauso galt auch das Gegenteil als stilechtes Leben. Im Ergebnis war dann vieles ohne Punkt und Komma, hingegen gab es viel Imitieren und Sammeln, und sogar das Kunstwerk als Lampe (oder, genauso gängig, die Lampe als Kunstwerk) garantierte nicht mehr, das persönliche Stilempfinden als schlagenden Beweis einer gekonnten Stilisierung aufzuführen.
Stil hat es deswegen in sich, sich insgeheim von einem Trendbegriff zu einem Kampfbegriff des noch jungen Jahres aufzuschwingen. Old brand new: Stil wird, statt affirmativ vielmehr kritisch in Stellung gebracht und damit erneut zu einem Begriff zweiter Ordnung. So zumindest unser Spekulieren unter den gegebenen Zukunftsaussichten, dass die Finanzkrise – wart’s ab – zuschlägt, das Budget einschränkt und es deswegen darauf ankommt, nicht aus dem, „was“ man hat, sondern aus dem, „wie“ man hat, das wirklich Beste zu machen. Denn, so vage der Stilbegriff auch sein mag, man kann sich zumindest darauf einigen, dass es, wenn man von Stil redet, mehr um die Frage nach dem „wie“ und weniger um die Frage nach dem „was“ geht – wie es uns beispielsweise Alexander von Schönburg in seiner „Kunst des stilvollen Verarmens“ vom Standpunkt des prekären Adels aus mitgeteilt hat. Wenn also Statussymbole nicht mehr finanzierbar sind, bzw. nicht mehr als Statussymbole taugen, ist die Rettung und ein Anker, seinen eigenen Stil aus dem Vielen, was Stil so alles gewesen sein soll, herauszuschälen, um sich selbst wieder auf den Punkt zu bringen. Eine erste Übungseinheit auf dem Weg zum „Wie“ unternehmen wir mit einem Besuch in einer Buchhandlung. Vor schier endlosen Regalmetern, zwischen Psychologie und Kindererziehung, zwischen Boderline und Bernhard Bueb, enttarnen wir unzähliges an Ratgebern zu Stil und Style als den letzten Schrott. Warum wir uns, wenn es um Stil geht, auch mit Büchern beschäftigen, kommt dabei nicht von ungefähr, da die Stilfrage ursächlich auch im Zuge der Verschriftlichung von Sprache auftaucht – in der Überzeugung, dass ein guter sprachlicher Ausdruck auch ein Beleg von gutem Charakter und guter Moral sei: Imago animi sermo est. Stil bleibt bis zur Renaissance moralisch in der Auffassung, dass die geistig-seelische Verfassung mit der Verfasstheit einer Rede übereinzustimmen hat: Stil ist das Außen vom Innen.
Im Humanismus der Renaissance ist die Identität von Mensch und Sprache weiterhin zentraler Bestandteil des Menschenbilds, doch dieses ideale Bild eines Universalgelehrten fordert für die Rede in den nächsten Jahrzehnten verstärkt das Ideal der Eloquenz, der Beredsamkeit, ein. Das gute Argument braucht die Einkleidung in ein gutes sprachliches Ornat. Schriften über den damaligen Mann von Welt, dem „Cortegiano“ oder dem „Complete Gentlemen“ fassen zusammen, dass es bei allen Mitteln eine Arbeit an sich sei, „to get the habit of a good style in speaking and writing“, die zu einem vollkommeneren Menschsein, größerem Ansehen und einer höfisch eleganten Lebensart verhilft. Das geflügelte Wort zu dieser Zeit ist in aller Munde „Sprezzatura“. Es wäre jedoch alles andere als menschlich, würde die breit diskutierte Stilfrage nicht konfliktreich und höchst brisant werden. Sie nimmt im 17. Jahrhundert barocke Fahrt auf und das dicke Ende kommt: Sprache, Eloquenz, Habitus, Ansehen, das Große, das Ganze, das Gute des Stils wird nach dem Gipfelsturm eines Bildungsideals außerordentlich suspekt. Die bella figurades Stils gerät unter Verdacht, Stil sei ein Mittel der gekonnten Tarnung, des schönen Scheins und der hundsgemeinen Manipulation. Stil dient im hässlichsten Fall dazu, gut zu reden, um in böser Absicht zu handeln: Stil ist nicht das Außen vom Innen.
Um diese wundersame Beziehung von Innen und Außen, zwischen Form und Inhalt, über die Epochen hinweg zu begleiten, greift die Rhetorik, die sich als Ausdrucksschule um die Art einer Rede bemüht, zu diversen Metaphern, die uns als Vermittler des Außen, des Äußerlichen, des Aussehens natürlich über alle Maßen interessieren. Körper- wie auch Kleiderkunde tauchen in Wortspielereien auf, um mit den drei hauptamtlichen rhetorischen Stilhöhen (humile, medium und grande) sowohl auf der Sonnenseite des Stils zu promenieren als auch dessen Schattenseiten auszuleuchten – in etwa so: „For diff’rent styles with diff’rent subjects sort, as several garbs with country, town, and court“. Aus der Sentenz vom „style is the dress of thought“ identifizieren wir zudem die rhetorische Form der Stilhöhen in den textilen Stilniveaus der Mode: Casual, Prêt-à-porter und Haute Couture. Hingegen legen wir uns mit dem nüchternen Verlangen vom „style is the dress of truth“ mit dem tausendprozentigen Puristen unmittelbar an den FKK-Strand der Stilfrage und wenden uns der nackten Wahrheit zu. Uff, die ist bekanntlich kaum auszuhalten – obwohl sie doch auch immer wieder etwas Vorläufiges hat. Auch der Stil hat dieses Vorläufige, Veränderliche, Wandelbare, so dass beispielsweise ein weiterer ergreifender Versuch, Stil als Nationalstil zu definieren, als vorüberziehende Episode zu den Akten gelegt werden kann. Überlebt hat das ernsthafte nationalstilistische Bemühen allerdings in den unterschiedlichen Möglichkeiten im Habitus oder, zeitgenössisch, im „Look“ der Mode à l’africaine, à la française, à l’italienne etc. aufzutreten. Hm, sieht so aus, als wären wir wieder am Ausgangspunkt unserer Bemühungen angelangt. Hm, nein, nicht ganz. Unsere Beobachtungen entzündeten sich letztlich am unübersichtlichen Geschmack vom Stilmix, der Stilisierung ohne Stil und weiterer Stillügen, denn: Stil ist nicht gleich Geschmack.
Die spontane Äußerung vom Gefallen oder Missfallen an etwas ist ein ungefiltertes Gefühl und spielt dabei sozusagen nur soufflierend für die Ausprägung von Stil eine Rolle. Was uns nämlich an einer der vielen Ausführungen über Stil überzeugt hat, war die Vorstellung eines stimmigen Gesamteindrucks, den wir erhalten, wenn uns ein stimmiger Gesamtausdruck entgegentritt: „le son, la couleur, le dessein, le mouvement, le ton, la pensée: ces diverses manifestations des facultés de l’homme, le style les réunit toutes…“. Verkürzt kristallisiert sich das gelungene Zusammenspiel von Klang, Farbe, Absicht, Bewegung, Ton, Denken, diese höchst anspruchsvolle Manifestation des menschlichen Gestaltungswillens an sich, also im Stil, im immer noch großen Satz des Comte de Buffon: „Le style est l’homme même“: Der Stil, das ist der Mensch. So, jetzt, endlich. Da hätten wir es endlich auf den Punkt gebracht. Fintenreich, wie wir sind, liefern wir in der Sekunde genauso das Gegenteil: „L’homme c’est le style même“, der Mensch, das ist der Stil. Wie Ihr Selbstentwurf für 2009 unter den verschiedenen Stilanforderungen, die wir leider nur in einer Auswahl vorstellen konnten, aussehen wird – wie gesagt, machen Sie einfach das Beste daraus. Vergessen Sie nur eins nicht, unser Letztes zum Stil von Paul Valéry: „Der Stil, das ist der Teufel“.
Warum fährt man SUVs?
Als ich vor einigen Wochen hinter einem Porsche Cayenne mit meinem smarten Citycar-Zweisitzer an einer Ampel zum Stehen kam, schoss mir eine Frage wie ein Blitz durch den Kopf: Ein SUV – was ist das eigentlich? Der Cayenne blubberte aus seinen vier schlotigen Rohren Abgase in die Welt, die grauschwer zu Boden sanken und, so meine Angst, mich in den nächsten Sekunden vergiften würden. Ein plötzlicher Husten schüttelte mich. Als die Ampel auf Grün sprang, wechselte ich erleichtert die Spur. Kurz danach strahlte das Fernsehen den Film „The Oil Crash“ aus. Seitdem lassen mich die SUVs überhaupt nicht mehr los. Ich beobachte tagtäglich die Formen menschlicher Beweglichkeiten im Verkehr und kalkuliere den dazu verwendeten Energieverbrauch. Seit meinem Beinahe-Erstickungstod versuche ich Antworten auf die mentale Disposition von Fahrern und Fahrerinnen der Sport Utility Vehicles zu finden. Dieses Unterfangen fällt mir in der Stadt, in der ich aktuell wohne, überhaupt nicht schwer. Aufgrund der international bekannten Automarken, die von hier aus die Welt mobil machen, gilt die Stadt als die Stadt auf vier Rädern. Obwohl seit einigen Jahren die Kommunalverwaltung einige Anstrengungen unternimmt, diese Stadt auch für Fahrradfahrer angenehm zu gestalten, bleibt das Leben ohne Auto gefährlich genug. Schließlich lebt eine ganze Region von diesen automobilen Marken. Nun, und weil Die Stadt auch eine spezielle Kessel-Topographie aufweist und das Cruisen durch das urbane Gelände in manchen Abschnitten hochalpine Gefühle weckt, wird man hier als Fahrradfahrer auch zum Leistungssportler. Mobilität hat hier ihre Tücken, was die hohe Automobilaffinität zudem begründet. Doch trotz aller Umstände will es mir nicht einleuchten, weshalb in dieser Stadt, aber gerade auch in allen anderen deutschen Städten in den letzten Jahren ein steigender Einsatz von SUVs zu beobachten ist. Warum? Unsere Straßen sind keine Schotterpisten und das Klima ist in unseren Breitengraden auch nicht sonderlich polar. Es kann einfach keine ausschließliche Angelegenheit landschaftlicher oder anderer Sachzwänge sein, die Mann und Frau gleich Klingonen ihre Fahrzeuge massiv durch die Stadt steuern lassen. Es muss, so vermute ich, an einer noch nicht näher erforschten Verkehrspsychologie liegen, dass Mobilität aktuell von einem Verdrängungskampf der Großen gegen den ganzen Verkehrsrest gekennzeichnet ist.
Nehmen wir deswegen einmal den Fall an, dass Klingonen tatsächlich mit ihren Raumschiffen nicht erst im 22. Jahrhundert unserer Zeitrechnung auftauchen, sondern bereits jetzt, verstehen wir die SUVs und ihre Lenker/innen vielleicht besser. Wir stellen uns SUV-Driver/innen deswegen einmal als Repräsentanten dieser kriegerischen Zivilisation vor, die mit ihren Kreuzern, Aufklärern, Tankern sowie Scout- und Angriffsschiffen der D5-Klasse auf unserem Planeten gelandet sind. Was zeichnet Klingonen aus, weswegen sie besonders große Fahrzeuge auf der Erde benutzen müssten? Klingonen sind äußerst kälteempfindlich und leiden häufig unter Allergien. Es ist ihnen auch verhasst, körperliche Gebrechen oder Krankheiten zuzugeben. Insofern bilden sie eine verschwiegene Gemeinschaft, die aufgrund ihrer Umgangsformen auch häufig als primitiv angesehen wird. Ihre Psyche ist weniger stabil, als man vom ersten Eindruck schließen kann: geraten sie beispielsweise in Gefangenschaft, zeigen sie sich wenig anpassungsfähig. Allgemein wird die Organisationsform der klingonischen Gesellschaft als Feudalsystem beschrieben, dessen Zusammenhalt durch die traditionellen Familien oder „die großen Häuser“ garantiert wird. Was die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau angeht, ist sie einerseits klassisch zu nennen, indem Männer das öffentliche Leben bestimmen, Frauen hingegen den Haushalt und die Familie beherrschen. Allerdings besitzt das Rollenverständnis auch eine höchst emanzipatorische Note, da von den Frauen erwartet wird, in ihrer körperlichen Kraft sowie in ihrer blutdürstigen Ruhmsucht mit den Männern gleichzuziehen. Ein besonderer Aspekt, den wir hier zuletzt nennen möchten, bezieht sich auf das Verhältnis der Klingonen zum Jenseits. Das klingonische Jenseits ist ein Nirwana ohne Götter, seitdem Urklingonen sämtliche ihrer Götter in der Erkenntnis, sie brächten ihnen mehr Ärger als Nutzen, vor einigen tausend Jahren erschlugen. Der Tod ist den Klingonen der allerletzte Feind.
Was ist aus dem Wissen über die klingonische Gemeinschaft für unsere Frage zur Gegenwart fruchtbar zu machen? Weil die SUV-Schiffe genauso häufig von Frauen wie von Männern gefahren werden, bildet sich hiermit sicherlich das emanzipatorische Moment eines geschlechterunabhängigen kämpferischen Willens bis aufs Blut ab, der für die Erhaltung der Art zweifellos notwendig ist. Die zarte junge Brut ist in einem SUV-Panzer ziemlich sicher. Aber gerade wenn man allein unterwegs ist – und meistens sitzt in einem SUV nur eine Person –, garantiert der hohe Radstand eine sehr gute Übersicht, um einen frontal angreifenden Gegenverkehr zu sichten, und auch das Kapern eines solchen Fahrzeugs aus dem Hinterhalt ist kein Kinderspiel. Wir haben es bei SUV-Usern in mehrfacher Hinsicht mit extremen Sicherheitsbedürfnissen zu tun, sie gehen im Grunde genommen von einem Kriegszustand aus, den offensichtlich nur noch nicht alle mitbekommen haben. Ja, ein SUV ist wieder einmal eine amerikanische Erscheinung, die genauso wie das Aerobic aus dem Militär in den Alltag übersprang. Der Urtypus des SUV ist der „Hummer“, welcher dem ‚grünen‘ Gouverneur Schwarzenegger immerhin noch einen letzten Rest an Terminator lässt. Inzwischen heißt es, Schwarzenegger, überhaupt der erste Käufer eines auf die zivile Nutzung getrimmten „Hummers“, habe seine „Hummer“-Flotte inzwischen auf vier Fahrzeuge dezimiert und eines dabei auf Hybridantrieb umrüsten lassen.
Amerika, das Land der Pioniere und Siedler, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, eine Nation mit großen Werten und zugleich in großer Angst, scheint in seiner Archaik auch hierzulande eine Schicht dort abzuholen, wo sie sich ernst genommen fühlt, weil sie mit der globalen Welt im tiefsten Inneren womöglich hadert. Denn diese Welt, die von einer immer größeren Differenzierung geprägt ist, in welcher Wohnen, Arbeiten, Bildung und Erholung räumlich voneinander getrennt sind, erfordert die Überwindung räumlicher Distanz. Der Mobilität fällt die Funktion zu, Menschen sozial zu re-integrieren, weil sie durch die Differenzierung sozialer Sphären entwurzelt wurden. Ein SUV ist, so unsere Bilanz, ein mobiles Ghetto, ein Gated-Car, das ein Gated-Community-Feeling in den Straßenverkehr hinein verlängert, um die zeitgenössische Situation auf das Bequemste nicht nur physisch, sondern auch psychisch zu verdrängen. Letztlich ist ein SUV ein Planwagen der Luxusklasse mit eingebauten Scheuklappen. Unsere These also lautet: Den bislang martialischsten Phänotypen eines Autos nimmt man, weil man zwar erobern, doch besser nicht wissen will, wofür oder gegen was es noch zu kämpfen gilt. Entschlossen unentschlossen scheint demnach der Charakter.
Was ist Erfolg?
Eine inzwischen gängige Definition von Erfolg lautet: Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen. Das war nicht immer so. Erfolg hatte ursprünglich einmal die einfache Bedeutung, den Verlauf eines Ereignisses zu schildern. Vermutlich lebt im deutschen Strafrecht deswegen immer noch der Begriff Erfolg im Sinne der Tatbestandsverwirklichung weiter. Was heute Erfolg genannt wird, nannte man früher gerne auch Glück oder, kriegerisch gewendet, Sieg. Erfolg, wie wir den Begriff heute verstehen, ist das Ergebnis einer unsere Gegenwart weiterhin dominierenden Entwicklung, nämlich jener der Industrialisierung. Das Ziel unternehmerischen Wirtschaftens, mittels planvollen Handelns Gewinn zu erreichen, heißt ab Ende des 19. Jahrhunderts dann vor allem Erfolg. Wachstum! Rendite! Und weiter getrieben wurde der Erfolgsbegriff nicht nur hinein in das messbare Ziel und die Maxime eines Unternehmens, sondern auch in die Sphäre des privaten Glücks. Heute ist es doch so: Glück ist ohne messbaren Erfolg kaum mehr gesellschaftsfähig. Oder, wie sehen Sie das? Wie performen Sie heute? Morgen? Übermorgen?
Nun gab es kürzlich wieder einmal Ergebnisse einer Umfrage unter Prominenten zu lesen. Diese Prominenten wurden gefragt, was denn für sie der größte Luxus sei. Die einhellige Antwort lautete: Zeit haben. Wenn man prominent ist, also gemäß der Wortgeschichte hervorragend, bedeutend, bekannt oder maßgebend, summa summarum alles gebräuchliche Synonyme für erfolgreich, hat man – wendet man die Antwort konsequent in ihr Gegenteil – wenig Zeit. Sonst würde man Zeit nicht einen Luxus nennen. Denn Luxusgüter sind bekanntlich knappe Güter. Sie sind nach den üblichen markttheoretischen Annahmen deswegen auch sehr teuer.
Die Gründe, warum nun ein Magazin prominente Menschen danach gefragt hat, was für sie ein Luxus ist, könnten folgender Art sein: weil prominente Worte zum einen Gewicht und Bedeutung haben können, und zum anderen die Befragten über genügend Kapital verfügen, um sich aus der weiten Welt des Luxus ihren persönlichen Lieblingsluxus zu leisten. (Man will ja auf jeden Fall irgendeine passable Antwort bekommen.) Zeit zu haben ist also für einige Menschen auf dieser Welt ein teuer erworbenes Gut. Zwischen Erfolg, Luxus, Kapital und Zeit existieren demnach mehr oder minder verborgene Zusammenhänge, die letztlich auch überlegen lassen, ob „Zeit haben“ entweder die Summe richtiger oder die Summe falscher Entscheidungen ist. Welche Maximen spielen hier wohl eine Rolle?
Bleiben wir noch kurz beim Thema Zeit. Dieses seltsam bewertete Gut der Zeit hat die Eigenschaft, im Unsichtbaren zu wirken. Wie sieht „Zeit haben“ oder „Zeit nicht haben“ denn prinzipiell aus? Oh ja, es gibt wirklich sehr teure, aufwändig gearbeitete Uhren, großartige Chronometer, wasserdicht, mit komplex-kompliziertem Innenleben, brillantengeschwängert, mit dekorativen Zifferblättern und optisch verbesserter Datumsanzeige. Wenn man sie trägt, zeigt man dann, dass man Zeit hat? Vermutlich eher nein. Vermutlich besitzt man das Chronometer vielmehr aus Schmuckgründen, kauft es als Wertanlage oder, was auch sein kann, aus Status- oder Kontrollgründen. Die Uhr funktioniert als Alleinstellungsmerkmal zum Zwecke gesellschaftlicher Distinktion oder in letzterem Fall als Signal, man habe alles im Griff, ist strukturiert, pünktlich und weiß, als Herrschender über die Zeit, was die Stunde geschlagen hat. Uhren haben demnach vielmehr mit „Zeit messen“ als mit „Zeit haben“ zu tun und sind demnach als Symbol wenig geeignet dazu, „Zeit haben“ möglichst treffend abzubilden.
In der Geschichte der Darstellung von Zeit gibt es hingegen ein sehr prägnantes Instrument, das „Zeit haben“ als Zeitverlauf schildert und das darüber hinaus mit einer Endgültigkeit versehen ist: Die Sanduhr, auch Stundenglas genannt, funktioniert ziemlich simpel. Je nach Größe zweier Glaskolben, die durch ein dünnes Röhrchen verbunden sind, rinnt ein spezielles Sandgemisch von oben nach unten durch und gibt je nach Menge des Sandes gebräuchlicherweise Zeitphasen von 1 Stunde, 30 oder 5 Minuten an. Insofern eignete sich das Stundenglas auch bestens als Symbol für das Memento mori, das Zeichen für die Endlichkeit des Lebens.
Waren Sie schon einmal in Siena? Dort, im Palazzo Pubblico, hat uns ein Maler aus dem frühen 14. Jahrhundert einen wunderbaren Freskenzyklus hinterlassen. Er handelt von der guten und der schlechten Regierung und den Effekten, die eine, im heutigen Sprachgebrauch, erfolgreiche oder defizitäre Regierung bewirkt. In der Darstellung der guten, erfolgreichen Regierung sitzen dem König einige Tugenden zur Seite, es sind die Gerechtigkeit, die Mäßigung sowie die Großherzigkeit. Die Mäßigung, auch Temperantia, ist in der Bildallegorie der guten Regierung mit einem ganz besonderen Attribut ausgestattet. Es ist die überhaupt erste in der Geschichte bekannte bildliche Darstellung einer Sanduhr, die die Mäßigung auszeichnet. Was ist aus dieser mittelalterlichen Geschichte am Ende für unsere Fragestellung zu gewinnen? Einfach gesagt, Erfolg hatte früher etwas mit dem rechten Augenmaß zu tun, dem Vermögen, langfristige Perspektiven für ein stabiles Gemeinwohl zu entwickeln. Stichwort: Ressourceneinsatz.
Ja, und da wären noch zwei Bücher zu nennen. Sie sind zeitlich gesehen gar nicht so weit voneinander entfernt entstanden. Das eine, schlicht mit „Erfolg“ betitelt, stammt aus der Feder des jüdischen Schriftstellers Lion Feuchtwanger, geschrieben im Deutschland der späten 1920er-Jahre. Das andere, Buch eines Amerikaners namens Napoleon Hill mit dem Titel „Think and grow rich“, erschien 1937 auf dem Markt. Während Hills Buch, bis heute mehr als 10 Millionen Mal allein in den USA verkauft, zu einer Bibel persönlicher Erfolgstheologie wurde, ist der Roman Feuchtwangers hingegen schwerer verdauliche Kost. Handelt es sich doch am Schauplatz der schönen Stadt München um die absichtliche Demontage eines angesehenen Mannes, der einem anderen angesehenen Manne nicht in den Kram passt. Eine durch die Macht politischer Würdenträger inszenierte Intrige vor Gericht bringt den Unliebsamen in die Strafanstalt, in welcher er, trotz viel Bemühens, unglücklicherweise kurz vor seiner Begnadigung verstirbt. Dumm gelaufen, könnte man meinen und abhaken. Allerdings besitzt die Geschichte noch eine ganz andere Brisanz. Geht es doch auch um die politische Gemengelage zu dieser Zeit, in welcher ein damals noch relativ unbekannter Rädelsführer namens Adolf Hitler das gemütliche München gehörig aufmischte.
Leider können wir Napoleon Hill weder zu Feuchtwangers Roman noch zu Hitler persönlich befragen, auch Hill ist verstorben, nach einem bemerkenswerten Lebenslauf an der Seite erfolgreicher Männer, wie seinem Mentor, dem Industriellen und Philanthropen Andrew Carnegie. Immerhin können wir mit einem Bonmot schließen. Es kommt aus dem Mund eines auch als erfolgreich geltenden Wirtschaftsführers Deutschlands, Alfred Herrhausen, welcher der Überzeugung war, die meiste Zeit ginge dadurch verloren, dass man nicht zu Ende denkt.